Bild/Text: Josef H. Goertz
Der alte Mann im weißen Kittel schloss die Käfigtür hinter sich und kurz darauf entluden sich um ihn herum große Blitze. Es knallte über unseren Köpfen und die elektrische Luft roch sonderbar verbrannt. Zu unserem großen Erstaunen hatte er überlebt! Den Meister der Blitze, der in seinem Käfig thronte und dem die funkensprühende Elektrizität nichts anhaben konnte erlebte ich als jugendlicher im Ramen meiner Ausbildung (1975 - 1978) zum Fahrdienstleiter bei der Deutschen Bahn.
Die Vorführung des Faraday-Käfigs im Münchener Deutschen Museum glich einer spektakulären Zaubervorstellung - mit dem Unterschied: die genaue Erklärung des "Zaubertricks" wurde gleich mitgeliefert: Das Eisen der Stäbe und Gitter ist elektrisch leitend. Schlägt der Blitz ein, fließt der Strom durch die Gitterstäbe und nicht durch den Menschen, der sich darin aufhält. Der leitende Käfig schirmt den Innenraum gegen äußere elektrische Felder ab, die Blitze können somit nicht eindringen. Dieses Prinzip, benannt nach dem englischen Physiker Michael Faraday begegnet uns in vielen Alltagssituationen. Handy oder Radio haben z.B. innerhalb von vielen Gebäuden einen gestörten Empfang, denn die Eisenarmierungen und Stahlträger in den Wänden und Decken schirmen das Innere des Gebäudes auch gegen die eindringenden elektromagnetischen Mobilfunk- und Radiosignale ab.
Auch in dieser Sekunde entladen sich weltweit etwa 2.000-3.000 Gewitter. Es blitzt also kräftig auf unserem Planeten und allein in Deutschland zählte das renommierte Münchner Blitzortungsunternehmen nowcast im Sommer 2019, 4,3 Millionen Blitze. Deutschlandweit wurden im zurückliegenden Sommer durch das Blitzmessnetz exakt 4.378.313 Blitzentladungen gezählt. Mit mehr als ein Viertel aller Blitze war Bayern einmal mehr das blitzreichste Bundesland. Die meisten davon finden jedoch in den Wolken statt und lassen sie aufleuchten, zum Glück schlägt nur jeder zehnte Blitz auf der Erde ein, denn das ist manchmal sehr gefährlich. Alleine hier in Deutschland sterben jedes Jahr etwa fünf Menschen durch Blitzschlag.
Was also tun, wenn wir beim Geocaching und Wandern plötzlich vom Gewitter überrascht werden? Zunächst sollten wir bestimmen, wie weit das Gewitter noch entfernt ist, den dort wo sich der Blitz entlädt, erwärmt sich die Luft auf bis zu 30.000 °C. Die erhitzte Luft dehnt sich schlagartig aus und es bildet sich eine Druckwelle, die wir als Knall - oder Donner - wahrnehmen. Da sich Schallwellen jedoch weit langsamer ausbreiten als Licht, können wir durch einfaches Zählen den Abstand zum Blitz bestimmen: Der Blitz schlägt ein, die Schallwelle breitet sich mit ca. 343 Meter pro Sekund aus. Der Blitz legt als etwa alle drei Sekunden einen Kilometer zurück. 21, 22, 23 ... Wenn es nach dem Blitzen also z.B. sechs Sekunden dauert, bis wir das Donnern hören, ist der Blitz etwa zwei Kilometer entfernt eingeschlagen.
Wenn sich also ein Gewitter gefährlich nähert, sollten wir schleunigst in unserem Cache-Mobil oder in einem Gebäude Schutz suchen. Wenn es dort einschlägt, fließt der Strom aufgrund der gut leitenden Karosserie oder der Leitungen und Stahlteile in der Hauswand um uns herum und nicht durch uns hindurch.
Doch was, wenn das nicht möglich ist?
In diesem Fall solltest du auf zwei Dinge achten: Mache dich so kein es geht, gehe am besten in die Hocke. Je kleiner du bist, umso leichter wirst du vom Blitz "übersehen, denn Blitze schlagen bevorzugt in höhere Objekte ein. Auf keinen Fall solltest du dich jedoch auf freiem Feld hinlegen. Denn beim Einschlag kann die elektrische Ladung oft nicht an einer Stelle abfließen, sondern breitet sich vom Einschlagpunkt in alle Richtungen im Boden aus. Dort herrscht dann kurzfristig ein großes Spannungsgefälle.
Es ist (lebens!-)wichtig zu verstehen, dass der Strom immer dann fließt, wenn ein Spannungsgefälle vorhanden ist. Vögel, die sich z.B. auf einer Hochspannungsleitung ausruhen, haben nichts zu befürchten, denn sie schließen mit ihrem Körper keinen Stromkreis, da zwischen ihren Füßen keine Spannungsdifferenz herrscht.
Bei einem Blitzschlag ist das anders. Der Boden in unmittelbarer Nähe weist auf einem Meter Differenzen von mehreren Tausend Volt auf. Die Wissenschaftler sprechen auch von der Schrittspannung, denn schon in Schrittbreite reicht die Spannungsdifferenz aus, damit ein gefährlicher Strom durch unseren Körper fließen kann. Wenn wir liegen, dann vergrößern wir sogar die Spannungsdifferenz!
Von Martin Luther wird berichtet, dass er als Student im Sommer 1505 von einem starken Gewitter überrascht wurde. In Todesangst betete er zur Heiligen Anna: "Heilige Anna, hilf! Lässt du mich am Leben, so will ich Mönch werden." Der Blitz schlug ein, doch Luther blieb unversehrt - und erfüllte sein Versprechen. Gegen den Willen seines Vaters brach er sein Jurastudium ab und trat ins Kloster der Augustineremiten in Erfurt ein.
Wenn du also vom Blitz überrascht wirst: In die Hocke gehen, Füße eng zusammenhalten und ... beten! Du musst ja nicht gleich ins Kloster gehen. Übrigens eine seltsame Vorstellung: Ohne Blitz gäbe es womöglich in Deutschland keine Protestanten!
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Im eigenen Tempo deinen Weg gehen ...
"Bis bald im Wald"
Rabe Abraxas
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